Ein Roadtrip in drei Teilen
Es ist Himmelfahrt und es ist Corona. In der Presse überschlagen sich die Ministerpräsidenten mit Lockerungen, Modellregionen und Öffnungsschritten. Nur wir haben Ausgangssperre. Also müssen wir unseren ersten Trip mit dem neuen ausgebauten Auto wohl nach Indizidenz-Gebieten planen.
Geplant – Getan!
Habt ihr schon mal eure Urlaubsvorbereitung mit dem Heraussuchen von Niedrig-Inzidenz-Gebieten ohne nächtliche Ausgangssperre begonnen? Nein? Ich sage, das ist ein völlig anderer Ansatz! Okay, ich muss zugeben, dass ich in einer Bücherei arbeite und mir dadurch ständig neue Reiseführer in die Hände fallen. Daher habe ich schnellen Zugang zu Reiseliteratur, wenn ich sie brauche und spontan alles umplanen muss.
Gerade im letzten Jahr ist der Buchmarkt im Sektor „Regionale/deutsche Reiseführer“ geradezu explodiert. Besonders gut gefallen mir die „Eskapaden“-Bücher aus dem DuMont-Reiseverlag. In den über Münster (Titel: 52 kleine & große Eskapaden im Münsterland) hatte schon ein bisschen reingeguckt und daher ein paar Ideen im Petto. Münster wollte ich schon immer mal sehen. Hinzu kam der Radreise-Führer Radeln für die Seele – Wohlfühltouren Münsterland. Auch aus diesem hatte ich mir bereits eine Route in der Dingdener Heide ausgegeguckt. Vielleicht geht da ja was. Außerdem ist eine Woche vorher die Wetterprognose für das Himmelfahrtswochenende ziemlich gut. 14-18°C, sonnig und trocken.
Aber erst muss ich rund um Corona recherchieren, was ich darf und vor allem was nicht!
Ausgangssperre und Übernachten
Daher erstmal zurück zum Thema „Bundes-Notbremse“ und der daraus resultierenden Ausgangsspeere und wie wir das mit dem Übernachten im eigenen Auto auf legalem, coronakonformen Wege hinkriegen.
Wildcampen ist in Deutschland überall verboten. Also ein Zelt im Wald aufstellen kannst du nicht, aber in deinem Auto schlafen, um die Fahrtüchtigkeit wiederherzustellen, ist überall dort erlaubt, wo es nicht explizit verboten ist. Dank Bundes-Notbremse ist aber in Landkreisen über einer Inzidenz von 100 eine Ausgangssperre von 22:00 – 5:00 Uhr verhängt worden. Das heißt also, dass ich mich in dieser Zeit nicht im öffentlichen Raum ohne trifftigen Grund bewegen darf. Touristische Übernachtungen sind sowieso untersagt.
Nachrichten und Norddeutschland
Allerdings überschlägt sich die Presse mit Meldungen aus Norddeutschland. Dort, speziell in Schleswig-Holstein, sind die Inzidenzen so niedrig, dass sogar touristische Übernachtungen wieder möglich sind. Auch Niedersachsen zieht plötzlich nach. Dort öffnen von heute auf morgen (genau ab 10.05.2021) sogar die Wohnmobilstell- und Campingplätze, auch die Außengastronomie macht auf. Bis Schleswig-Holstein ist es etwas zu weit, aber die Nordseeküste von Niedersachsen, da ist man in 3 h. Essengehen, geöffnete Geschäfte, ein richtiger legaler Stellplatz, das wäre doch was! So komme ich auf Norden-Norddeich. Warum Norden-Norddeich? Einfach so. Allerdings sagt eine kurze Recherche, dass der Stellplatz zwar offen ist, aber nur für Leute aus Niedersachsen! Er wird täglich kontrolliert und Leute mit fremdem Kennzeichen dürfen dort nicht übernachten, sondern werden des Platzes verwiesen.
Zusammenfassung und Fazit
Fassen wir also zusammen:
- Ich darf im Auto übernachten, um meine Fahrtüchtigkeit wieder herzustellen, aber nicht auf einem öffentlichen (meist kostenpflichtigen), richtigem Stellplatz, denn das wäre eine touristische Übernachtung.
- Ich darf das aber nur in einem Gebiet in Deutschland, in dem die Inzidenz unter 100 liegt, weil ich sonst gegen die Ausgangssperre verstoße.
- Ich darf mich auf Deutschlands Straßen prinziell frei bewegen, aber eine Autobahn benutzen, die nach 22 Uhr durch ein 100-Inzidenz-Gebiet führt, darf ich nicht, weil dort Ausgangssperre herrscht.
- Ich darf in Niedersachsen zwar auf legalen öffentlichen Stellplätzen übernachten, aber nur wenn ich selbst aus Niedersachsen komme. Blöderweise bin ich letztes Jahr von Niedersachsen nach NRW gezogen.
Um Orte zu finden, die wir gefahrlos und halbwegs legal anfahren können und wo wir auch noch übernachten können, muss ich folgende Punkte beachten:
- Es gehen nur Inzidenzgebiete unter 100.
- Offizielle Parkplätze für Wohnmobile darf ich in Bundesländern außer Niedersachsen und Schleswig-Holstein nicht ansteuern. Das wäre eine touristische Übernachtung, die verboten sind. In Niedersachsen darf ich das trotzdem nicht, da ich in NRW wohne.
- Übernachtungsplätze in anderen Bundesländern müssen Plätze sein, wo Übernachtung nicht explizit verboten ist.
- Ich sollte auf dem Weg zu den Plätzen keine Gebiete über 100 nach 22 Uhr passieren, da dort Ausgangssperre herrscht. Also besser wäre es, wenn ich vor 22 Uhr irgendwo wäre. Dass ich mich vor 5:00 Uhr irgendwo wieder wegbewege, ist unwahrscheinlich.

Mit diesen Voraussetzungen kann ich arbeiten. Ich schnappe mir die Corona-Landkarte und gucke, ob meine drei angepeilten Spots diese Voraussetzungen erfüllen. Dingdener Heide? Ja! Münster? Ja! Norden-Norddeich? Ja! Dort sind sogar die Außengastronomie und Geschäfte offen, wenn auch mit negativem Corona-Test. Also sammelte ich nicht nur Koordinaten von Parkplätzen, die möglich sind, sondern auch die von Corona-Teststellen. Jetzt kann’s an die konkrete Planung gehen!
Unsere geplante Route
Und das war dann der fertige Plan:
Tag 1 (Donnerstag, Himmelfahrt): Fahrradfahren in der Dingdener Heide

- Vorbereitung Zuhause: Aufstehen (nicht zu früh bitte), ausgiebiges Frühstück, Picknick zu/vorbereiten, Reste einpacken, Lebensmittel einpacken
- Abfahrt: spätestens um 13 Uhr
- Ankunft: gegen 14 Uhr Parkplatz Krechtinger Straße, Hamminkeln-Dingden
- Aktivität: Fahrradtour „Heidefahrt“
- Essen: HelloFresh
- Übernachtung: auf dem Parkplatz bleiben oder weiter nach Münster fahren, dort Wohnmobilstellplätze am Ostbad
Tag 2 (Freitag, Brückentag): Münster

- Vorbereitung: Frühstück, Fahrt nach Münster oder bereits vor Ort sein, Teststation aufsuchen
- Aktivität: Geocache „Historischer Stadtrundgang Münster„, Fotospaziergang im Botanischen Garten, Stadtrundgang „7 besondere Kirchen in Münster“
- Essen: HelloFresh
- Weiterfahrt zum Barfuß-Park in Lienen, Barfuß-Park abends besuchen
- Übernachtung: Wohnmobilparkplatz am Hallenbad, Lienen
Tag 3 (Samstag): Norden-Norddeich

- Vorbereitung: Frühstück, Fahrt nach Norden-Norddeich (ca. 2 h), Teststation aufsuchen
- Aktivität: Spaziergehen, Norddeich entdecken, Meer sehen, Einkaufen für Picknick/Fahrradtour Sonntag, Geocachen sich treiben lassen, Sonne genießen
- Essen: Essen gehen oder was vor Ort (Take away) kaufen
- Übernachtung: mehrere Möglichkeiten, irgendwo wo’s schön ist
Tag 4 (Sonntag): Norden

- Vorbereitung: Frühstück, Picknick packen
- Aktivität: Fahrrradtouren (8 Stück zwischen 10-40 km rausgesucht)
- Essen: Picknick
- Rückfahrt: spätestens 16 Uhr (Dauer: ca. 3 h)
Packen und Panik
So, der Plan stand, jetzt mussten wir für die Tour einkaufen und packen. Wir sind schon eine Zeit HelloFresh-Kunde und eine Kiste für die Himmelfahrtswoche war bestellt. Wir überprüften also nur, ob sich die Gerichte auf einem oder zwei Campingkochern kochen ließen, packten Dinge ein, die wir dazu auf jeden Fall brauchten und waren damit schnell durch. Auch die Einkaufsliste für die erste Fahrradtour war kein Problem. Beim Brot wollten wir einfach den Rest vom Frühstück und ein eingefrorenes einpacken. Dazu noch ein bisschen Aufschnitt einkaufen und auch hier die Reste mitnehmen und damit war der Punkt „Essen/Einkaufen“ erledigt.
Jetzt ging es noch ans Packen. Bald sah das Wohnzimmer aus, als wäre eine Bombe explodiert. Die Powerbanks wurden gesucht und geladen, die Fahrräder vorbereitet, Schlafsachen zusammengesucht.
Ich säuberte drei Klappboxen, nur um festzustellen, dass zwei gar nicht ins Auto in die Fächer passten. Der Wasserkanister ging bereits Dienstag ins Auto. Der sollte eigentlicht gelegt werden, allerdings merkte ich nach Sekunden, dass dieser Plan gründlich schief ging, denn der war nicht dicht. Sofort hatte ich eine Überschwemmung. Der Kühlschrank war zu hoch und passte ebenfalls nicht rein. Die Verzweiflung und Panik machte sich breit. Andere Sachen ließen meine Stimmung fliegen, weil sie genauso funktionierten, wie ich mir das ausgerechnet hatte. Leider war das, was nicht passte, in der Überzahl. Die Krönung war allerdings der Fahrradträger. Normalerweise kann man die Heckklappe trotz Träger auf der Anhängerkupplung öffnen. Das geht bei meinem Auto leider nicht. Außerdem hatten wir kein Kennzeichen für den Träger. Das merkten wir aber erst bei der Abfahrt am nächsten Tag.
Irgendwie kriegten wir dann doch alles nach und nach ins Auto. Aber ob das dann auch in der Praxis unterwegs funktionieren sollte? Außerdem verschlechterte sich der Wetterbericht von Tag zu Tag. Nachts unter 10°C, tagsüber nicht viel wärmer. Außerdem sollte es regnen. Ob das also ein spannender, abenteuerlicher Roadtrip werden würde? Oder ein total Chaos und völliges Fiasko? Das erfahrt ihr bei meinen nächsten Berichten.