Vorbemerkung zu Etappe 4
Heute geht’s von Trekkingcamp Ochsenbaumer Höhe zur Lauschhütte. Die Lauschhütte, ein ehemaliges Forsthaus, ist heute eine Art Wald-Erlebnis-Outdoorpark-Gastro mit angeschlossenem Zeltplatz. Dort gibt es Trinkwasser, so dass wir heute nur für die Wanderung selbst Wasser brauchen.
Zunächst müssen den Rest von der eigentlichen Etappe 4 bis Rheinböllen zu Ende laufen. Dann steigen wir in die 5. Etappe ein, die bis zur Steckeschlääferklamm führt. Die Lauschhütte ist etwa in der Mitte. Auch hier gibt es in der Nähe einen Aussichtsturm, den Salzkopfturm, welcher uns auf den Wegweisern als Orientierung für die noch zurückzulegenden Kilometer dient. Insgesamt werden es wieder etwa 15 km sein, die wir laufen.
08.06.2021: Vom Camp Ochsenbaumer Höhe zur Lauschhütte
Wozu brauchte ich eigentlich einen Handywecker? Natürlich war ich wieder ohne Wecker wach geworden. Langsam wurde das zur Routine. Ein Blick aus dem Zelt zeigte mir, dass nach einer kalten Nacht ein ungemütlicher Morgen folgte. Viel Feuchtigkeit war in der Luft, es war kühl. Da soll man raus dem Schlafsack und rein in die feuchten Wanderstiefel? Nein, so dringend war’s noch nicht. Außerdem rührte sich auch bei Martin noch nichts. Auch bei den Hängematten und unter dem Tarp bewegte sich nichts. Alle Männer schliefen noch. Die Feuerstelle war verwaist und meine Frau schlummerte noch neben mir. Ich machte es mir also wie schon gestern Abend vom Schlafsack aus zum Essen gemütlich, machte mir mein Milchpulver und meinen Brenner zurecht. Ich hoffte, dass Jule gestern Abend noch ihr Müsli angerichtet hatte, denn ich habe nicht mehr mitgekriegt, dass sie ins Bett kam. Ich weiß nicht, wie lang die Party da draußen noch gelaufen ist, es muss aber recht spät gewesen sein. Martin erklärte später, dass er gegen Mitternacht das Feuer verlassen hatte.
Aber was bedeutet hier draußen schon die Zeit? Nicht viel jedenfalls. Man steht auf, wenn man wach wird bzw. wenn es hell wird und geht ins Bett, wenn man müde wird bzw. wenn es dunkel wird. Heute standen „nur“ 15 km auf dem Plan, also war es nicht so wichtig, wann wir hier los kommen würden. Was sollten wir denn auch zu früh im nächsten Lager?! Tatsächlich liebäugeln wir damit, die beide letzten Etappen durchzulaufen und heute schon nach Bingen zu kommen. Martin hatte uns damit gestern den Mund wässrig gemacht und ich glaubte, dass besonders Jule die Idee sympathisch fand. So könnte ich zu meinen Geburtstag im heimischen Bett aufwachen.
Nach dem Frühstück musste ich aber doch raus aus dem Schlafsack und aus dem Zelt. Der Weg führte mich über die nasse Wiese zum Klo. Martin war aufgestanden. Die Berlinen wollten ja ausschlafen, also ließen wir sie schlafen.
Jule war inzwischen auf. Während ich ihren Kaffee machte, beäugte sie ihre Müslischale. Die zischte. Wir haben die X-Serie von Sea to Summit. Die X-Seal kann man fest verschrauben, aber die Gummi-Wände schmecken offenbar Mäusen. Die Gefäßwand war angenagt. Ganz toll. Anscheinend hatten die Mini-Räuber aber nach den ersten Bissen die Lust oder den Geschmack verloren. Wasser würde die Schüssel nicht mehr halten, aber Overnight Oats würden noch gehen.
Um Viertel vor 9 verabschiedeten wir uns von Martin, aber der war auch schon im Aufbruch begriffen. Da er es bis Bingen schaffen musste, war es nur eine Frage der Zeit bis der uns wieder einholen würde.
Diese Etappe begann fast die letzte. Nachdem wir bergab zurück am Wanderparkplatz waren und die Straße überquert hatten, kam auch an diesem Morgen ein Anstieg. Dieses Mal nicht zu einem Aussichtsturm, sondern zur einer futschneuen Schutzhütte am Schanzerkopf und jede Menge Funkmasten. Auch dort sollte ein Cache sein. Den wir allerdings nicht fanden. Auch diesen Anstieg hatte ich überschätzt. Es war also alles wie gestern, naja fast.
Der Weg führte uns heute morgen über die zweite Hälfte der 4. Etappe in eher sanftem Auf und Ab. Ganz seiner Gewohnheit folgend, ging der Weg hinter der Schutzhütte in einen Trampelpfad über, der uns zu einer Landstraße hinab führte. Hatten wir in den letzten zwei Tagen Wasser ohne Ende gesehen, war bisher nicht mal ein Rinnsal in Sicht. Das war kein Grund zur Panik. Jule hatte noch Wasser in ihrer Trinkblase. Das würde notfalls bis zur Lauschhütte für uns beide reichen, wenn wir sparsam wären und der Tag nicht so heiß werden würde.
Die Berliner, die ja in Gegenrichtung unterwegs waren, hatten uns gewarnt, dass nun Abschnitte folgen würden, die uns an die Zivilisation erinnerten. Breite Forstwege, viele Windräder. Prompt gingen wir hinter der Landstraße vielleicht 100 m auf einer geschotterten Forststraße und sahen die ersten Windräder sowie eine Windradbaustelle. Aber hier war es ruhig. Die Arbeiten ruhten heute anscheinend.
Im Naturreservat Katzenkopf trafen wir tatsächlich auf weitere menschliche Spuren. Hier hatten die Förster einen Wall aus abgestorbenen Baumen und Gestrüb errichtet, um in der Natur dahinter jeweden weiteren menschlichen Eingriff zu verhindern. Wir durchquerten auf einem Naturpfad einen Nadelwald. Hier war es total ruhig. Wie gedämpft. Wir drehten uns immer wieder um, weil wir dachten Martin hätte uns eingeholt. Aber von ihm war nichts zu sehen. Wir waren wohl doch schneller als erwartet. Noch war es bewölkt, aber es würde wohl ein schöner, sonniger Tag werden.
Bald tauchte linker Hand der Abzweig zum Aussichtsturm Hochsteinchen auf. Den ließen wir aber genau da liegen, nämlich links und zogen weiter bergab Richtung Rheinböllen. Um den Berlinern die Ehre zu geben, ging es jetzt tatsächlich „ordentlich“ bergab. Nämlich über einen ordentlich geschotterten Forstweg. So viel Ordnung und Zivilisation muss schon sein.
Uns war klar, dass wir außer auf ein paar Windräder auf weitere Spuren menschlichen Lebens treffen würden. Die Route zeigte, dass wir Rheinböllen und damit auch die A61 touchieren würden. Wer aber schon meine Beiträge über unsere Etappen auf dem Neanderlandsteig gelesen hat, weiß, dass wir einiges an Autobahnenquerungen gewohnt waren. Wir würden diesen kurzen Ausflug in die Zivilisation schon verkraften. Dass wir allerdings direkt auf einen Autobahnrasthof treffen würden, darauf waren wir dann doch nicht vorbereitet. Ein kluger Werbestratege von der hier ansässigen Tankstelle hatte sogar am Wegweiser extra ein Hinweisschild angebracht. Damit war unser Trinkwasserproblem gelöst. Wir gingen die 100 m an der Straße entlang und rasteten hier.

Rasten ist vielleicht etwas übertrieben. Für 50ct nutzte ich die Toilette, um Wasser auszufüllen. Man hätte hier sogar duschen können. Kaufen wollten wir im Shop nichts. Wir hatten gut gefrühstückt und unsere Vorräte an Energieriegel, Trockenobst und Würstchen war noch nicht aufgebraucht. So zippten wir nur die Hosenbeine ab und gingen zurück. An der Abzweigung zur Kläranlage begann nicht nur die 5. Etappe, sondern hier stand auch ein preußischer Meilenstein. Hier lag ein Cache. Der sollte ganz einfach zu finden sein. Haha. Wir suchten uns erfolglos einen Wolf. Der Erfolg war allenfalls, dass Martin uns endlich einholte und wir ihn auf die Tankstelle verweisen konnten.
Dann konnte wir jetzt also aufhören zu suchen und uns der 5. Etappe widmen. Daher hier die kurze Zusammenfassung der restlichen 4. Etappe: Wir waren bisher fast genau 8 km auf dem Soonwaldsteig gelaufen. Dazu kamen 0,8 km vom Camp bis zu Wanderparkplatz. An Höhenmetern war noch nicht viel zusammengekommen. Etwa 130 Hm war es hinauf und 380 Hm hinunter gegangen. Da wird ja nur 15 km vor uns hatten, war die Hälfte schon geschafft. Die Tankstelle hatten wir in gerademal 2:15 h erreicht. Wenn das so weiterging wären wir vor 15 Uhr an der Lauschhütte.
Die 5. Etappe starte offiziell am Abzweig Rheinböllen und geht bis zum Jägerhaus bzw. Abzweig Steckeschlääferklamm. Das sind 14 km. Insgesamt sind 770 Höhenmeter zu bewältigen, wobei der Ansteig mit 340 Hm etwas geringer ausfällt als der Abstieg mit 430 Hm. Die Lauschhütte liegt etwa bei Kilometer 7,6 fast genau in der Mitte der Etappe. Ansteig und Abstieg verteilen sich auf dieser Etappe leider ungleich. Der Abstieg dominiert die zweite Hälfte. Für uns blieb also der Aufstieg bis zu unserem heutigen Lagerplatz übrig. Den höchsten Punkt, den Salzkopf, würden wir aber erst morgen in Angriff nehmen. 40 Hm Aufstieg blieben uns also erspart. Ansonsten würden wir fast die kompletten Anstiegshöhenmeter mitnehmen.
Aber bleiben wir doch erstmal mit beiden Beinen auf der Wiese, bevor wir uns um Anstiege Gedanken machen. Der Weg brachte uns auf einen Schotterweg zwischen Autobahn und Kläranlage entlang. Nicht gerade der schönste Wanderweg, aber irgendwie mussten wir ja rüber. Das Gras stand so hoch, dass wir binnen Sekunden nasse Unterschenkel hatten. Unsere „Beinlinge“ hatten wir an Tankstelle beide ausgezogen, da der Tag wieder schwül und warm wurde. Nachdem wir durch das Grasmeer durch waren, entdeckte ich die erste Zecke. Die erste – von 8 Stück! Nur bei mir. Ich zog die Schuhe und Socken aus und jule pflückte die Zecken von meinen Beinen und Socken. Bei Jule selbst fanden wir nur eine. Ich war vorausgegangen und hatte wohl alle „eingesammelt“. Wir schworen uns, heute besonders vorsichtig zu sein. Zum Glück waren wir schnell gewesen und hatte alles eingesammelt, bevor sich hier irgendwer festsaugen konnte.
Wir unterquerten die Autobahn durch eine nagelneue Brücke. Die entsprechende Baustelle würden wir auf dem Rückweg nach Hause im Auto nochmals passieren. Ein Tor brachte uns direkt hinter der Brücke zurück in den Wald und zu unseren Höhenmetern. Ab jetzt ging’s aufwärts mit uns.
Doch nur nach 2 km trafen wir schon auf das Ausflugslokal Emmerichshütte. Dort war eine E-Bike-Ladestation mit Zeltgarnitur aufgebaut. Da legten wir unsere Mittagspause ein. Wir zogen beide die Schuhe zum Trocknen aus. Nach dem nassen Gras hatte auch ich wieder nasse Füße. Die Fahrradständer waren ideal zum Sockentrocknen. Jule hatte noch den Rest ihrer Overnight Oats und ich knabberte Trockenobst, als Martin den Weg hochkam.
Beide hatten noch Lust auf eine Cola. Vorher hatten wir Leute am Lokal gesehen, doch als die beiden nun die Terrasse in Augenschein nahmen, waren alle Türen geschlossen und drinnen alles dunkel. Martin wollte eigentlich schnell weitergegangen sein, aber ich glaube, er blieb ein bisschen bei uns hängen. Als wir dann endlich aufbrachen, zog er zügig los. Er blieb zwar noch eine ganze Weile vor uns, aber irgendwann geriet er außer Sicht. Immerhin musste er bis Bingen und dann mit dem Zug nach Hause nach Frankfurt.
Auch nach der Emmerichshütte stieg der Weg weiter bergan. Ich musste ein bisschen langsam machen und blieb hinter Jule. Zwar sahen wir immer wieder Windräder, aber die waren nicht die einzige Attraktion des Wege. Zunächst trafen wir auf eine riesige Buche. Diese war irgendwann in der Mitte abgebrochen. Unbeirrt von diesem Schaden war der Baum aber weitergewachsen, zu einem wahren Riesen.


Außerdem hatten wir das Wasser wieder gefunden. Die Waldwege waren voll damit. Wir mussten uns abschnittweise unseren Weg mühsam suchen.
Dann kamen wir ins Reich der Waldameisen, einem Fichtenwald. Ich habe noch nie so viele wuselnden Ameisenhaufen auf einem Haufen, äh… in einem Waldabschnitt gesehen. Der Weg unter uns wimmelte, links und rechts des Wegs häuften sich Haufen an Haufen.

So steigen wir bis zum Ohligsberg (610 m NN) auf. Kurz vorher ging es kurz über offenes Gelände. Der Weg war hier mit fast weißem Schotter bedeckt, die Sonne stach uns in den Kopf. Ich hatte keine Sonnencreme aufgelegt und schon meine Bedenken, aber dann erreichten wir die Schutzhütte auf dem Ohlingsberg. Dort hatten die Sonne ein Einsehen. Denn sie bewölkte sich brav und wir lernten einen echten Santiago-Pilger kennen.

An der Schutzhütte saß ein junger Mann mit großem Rucksack und machte Pause. Da hier ein Cache versteckt war und es keinen Sinn machte, unsere Suche danach zu verheimlichen, sprachen wir ihn an. Er erzählte uns, dass er auf dem Jakobsweg bis nach Santiago laufen wollte. Er hatte seinen langen Weg von der Nähe von Frankfurt erst vor ein paar Tagen begonnen und nun erstmal Aachen angepeilt. Ob er da schon weiter nach Frankreich laufen konnte oder weiter auf der deutschen Seite bleiben musste, würde die Corona-Situation zeigen. Er hatte jedenfalls ein Zelt dabei und würde jede Unterkunft nehmen, die sich ihm bieten würde. Im September wollte er ankommen. Gemeinsam fanden wir nach langer Suche den Cache, ein winziger, gut versteckter Nanobehälter.
Ich hoffte, der Pilger würde bei seiner Suche ebenfalls erfolgreich sein und sein Ziel erreichen. Wir genossen noch ein paar Momente die Aussicht, dann segnete ich ihn und wünschte ihm alles Gute.
Ist der Weg also etwas besonders? Ist eine großartige Aussicht? Oder eine ungewöhnliche Felsformation, die man am Wegesrand sieht? Ist es ein schwerer Auf- oder Abstieg, den man bewältigt? Ja, sicher. Das alles. Aber es sind die Begegnungen, die einen Weg besonders machen. Auf unserem waren es Dirk, Jan, Sebastian, Frank, Martin, später noch Franziska, Sabrina und eben jener unbekannter Pilger.
Tatsächlich beeinflusste diese Begegnung unseren weiteren Weg. Denn die nächste Zeit drehte sich das Gespräch zwischen Jule und mir uns Pilgern. Ein Thema, das immer mal wieder zwischen uns aufkommt. Und tatsächlich sahen wir am nächsten Wegweiser eine Jakobsmuschel. Vielleicht ein Wink?
Uns winkte der Weg jedenfalls ab jetzt schnell zum Ziel. Hinter dem Ohlingsberg ging es über offenes Gelände und Schotter bergab. Es waren keine 2,5 km mehr bis zur Lauschhütte. Und bald schon merkte man, dass es wieder „urbaner“ wurde. Es mischten sich immer wieder Teerabschnitte in den Weg. Dann sah man Antennen und auf einmal tauchte eine Bogenbahn direkt am Weg auf. Da stand schon das erste Haus. Wir hatten die Lauschhütte erreicht. Wie von mir prophezeiht war es noch keine 15 Uhr. Nach gerademal 6 h insgesamt hatten wir unser Tagesziel erreicht. Das GPS zeigte statt 15 km jedoch 17,7 am. Dafür waren wir mit 4:10 h Gehzeit flott gewesen.
Die Anlage rund um die Lauschhütte war riesig. Der Zeltplatz reichte für eine ganze Kinderfreizeit. Und doch waren bisher wir allein. Irgendwo hörten wir eine Motorsense. Gleich am Eingang der Zeltwiese sahen wir ein plattgedrücktes Stück Rasen. Hier musste Dirk übernachtet haben. Die Wiese war so groß, dass wir Probleme hatten, uns zu entscheiden, wo wir das Zelt aufbauen wollten. Wir entschieden uns für ein relativ gerades Stück vor der Bogenbahn. Zunächst stellten wir nur das Innenzelt auf. Das Außenzelt war innen feucht vom Kondenswasser. Das konnte mal in der Sonne trocknen, die sich immer wieder blicken ließ. Doch zunächst musste ich mal. Ich fand die Toilette auf der Rückseite des Hauptgebäudes. In der Damentoilette im Keller war es stockdunkel, aber die Behindertentoilette oben war offen. Nachdem wir auch den Gastwirt angetroffen hatten und die Bezahlung geregelt war, ließen Jule und ich uns auf der Bank in der Nähe vom Zelt nieder und streckten die nackten Füße auf die Bank davor. Socken, Schuhe und Füße konnte endlich mal trocknen. Es war warm heute. Fürs Essen war es noch viel zu früh.

Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht mehr so richtig, wie wir den Nachmittag verbrachten. Lag ich im Zelt und las? Oder hielt Jule ein Schläfchen? Ich weiß jedenfalls, dass wir getrennt gegessen haben, da ich viel früher Hunger bekam als sie. Und irgendwann tauchten zwei junge Frauen auf. Jeder war mit einem eigenen Zelt bewaffnet und auch sie brauchten eine ganze Weile bis sie einen passenden Platz gefunden hatten. Ich sag es ja: zu viel Auswahl! Jule bastelte in der Zwischenzeit mit unseren Wanderstöcken und dem Abspannseil, das sie mitgenommen hatte, eine Wäscheleine, die bei den beiden Neuankömmlingen sofort Bewunderung erntete. Martin hatte uns zum Thema „Ultraleicht“ einen Tipp gegeben: „Lass alles weg, was du auf dieser Wanderung nicht anfasst.“ Bei Jule war das nun ein Teil weniger. Bei mir waren es bisher übrigens nur mein Schlauchschal und das Wunddesinfektionsmittel gewesen.
Irgendwann klopfte Jule ans Zelt und fragte, ob ich was trinken möchte. Der Wirt würde gerade Getränke verkaufen, hätten die zwei Mädels gesagt. Ich bestellte eine Sprite und bekam diese umgehend geliefert. Jule freute sich über ein Bier! Zunächst wollte ich mich nicht zu den anderen setzen, aber als Jule wieder zurückkam und unsere Zeckenkarte verlangte, gesellte ich mich doch zum Grillplatz am Ende des Zeltplatz. Hier begann der Kletterwald und hier saßen Franziska und Sabrina, die zwei Mädels. Die Zecke an Sabrinas Oberschenkel war bereits von Jule erledigt worden.
Im Laufe des Abends traf noch eine Frau ein. Sie nahm den plattgedrückten Zeltplatz ganz am Anfang und verschwand gruß- und wortlos im Zelt. Könnte Marion gewesen sein. Die hatte Martin auf der Schmidtburg getroffen. Die Beschreibung passte. Wir haben sie leider nicht kennengelernt. Am nächsten Morgen verschwand sie genauso wie sie gekommen war.
Uns vieren konnte das egal sein. Mit Franziska und Sabrina wurde es sehr nett. Sie waren alte Schulfreundinnen, die sich einmal pro Jahr für einen Wandertripp trafen. Auch sie waren bereits auf dem Eifelsteig gewesen. Sabrina wohnte tatsächlich heute im selben Ort, wo ich zur Schule und zur Uni gegangen bin: Gießen. So konnten wir über die zweite Schönheits Gießen philosophieren, z.B. das Elefantenklo und den neugestalteten Seltersweg. Franziska war in der alten Heimat geblieben und Journalistin. Sie war vor und hinter der Kamera tätig. Die Wahrscheinlich, dass wir sie allerdings schon mal auf Sendung gesehen hatten, war allerdings gering. Sie war hauptsächlich bei Lokalsendungen in Franken tätig.
Die zwei waren ähnlich ausgerüstet wie wir und wir redeten bis in den Abend hinein. Dank des Zeckensprays hatten wir von dieser Seite unsere Ruhe. Sabrina und Franziska standen morgen früh etwas unter Zeitdruck. Zwar liefen die beiden auch nur noch bis nach Bingen, aber um 15 Uhr musste Franziska einen Zug kriegen. Eigentlich wollten beide noch ein paar Tage in einer Ferienwohnung verbringen, aber dann war Franziska jobmäßig was dazwischen gekommen.
Aus einem lauen und gemütlichen Abend wurde leider eine kalte Nacht. Schon als wir uns langsam, vielleicht gegen 22 Uhr, aus der Runde verabschiedeten, war klar, dass das heute Nacht kalt werden würde. Ich hatte inzwischen kalte Füße. Das ist bei mir nie ein gutes Zeichen, wenn ich ins Bett will. Prompt fror ich. Ich zog alles an, was ich hatte. Ich hatte aus der Nacht davor gelernt. Und nach langem Kampf schlief ich irgendwann ein. Nach etwa zwei Stunden erwachte ich schweißnass, also zog ich mich wieder aus. Aber dann schlief ich gut.
Morgen war mein 40. Geburtstag. Es ist vielleicht eine komische Art einen runden Geburtstag auf einem Trekkingtrail im Hunsrück zu begehen. Aber feieren wollte in dieser Zeit nicht. Mir war es so lieber. Morgen sollte ein sonniger Tag werden. Vom Wetter her der beste der ganzen Wandertage. Ich konnte in der Nacht ja nicht ahnen, dass der Anfang meines Geburtstags sich zu einem Drama entwickeln würde. Aber das lest ihr bald an dieser Stelle.
Zusammenfassung Tag 4
- Gelaufen am: 08.06.2021
- Länge laut GPS: 17,7 km
- Geschätzte Höhenmeter: 855 Hm (Aufstieg 410 Hm, Abstieg 445 Hm)
- reine Gehzeit: 4:10 h
- gesamte Dauer: 5:56 h
- Charakteristik: Die vielleicht leichteste Etappe auf dem Soonwaldsteig. Es gibt einige offenen Flächen zu durchqueren, aber dafür ein paar schöne Fernsichten. Der kurze Sturz in die Zivilisation bei Rheinböllen hat etwas Surreales. Die Wege sind nicht so verschwunschen wie auf den ersten Kilometern, dafür aber gut zu laufen. Man kann hier „Strecke“ machen. Vorsicht vor Zecken!
- gefundene Geocaches: 1
- Fazit: Wir hätten die Etappen 3 + 4 problemlos zusammenlegen können und das Camp Ochsenbaumer Höhe auslassen können. Die Gesamtstrecke von dann ca. 30 km wäre mit ausreichend Zeit machbar gewesen. Aber dann hätten wir keine „Männerbekanntschaften“ gehabt. Wäre schade gewesen…
- Erkenntnis des Tages von Christin: Zecken sind die einzigen Lebewesen auf diese Welt, dessen ökologischen Sinn sich mir nicht erschließt.
- Erkenntnis des Tages von Jule: Ich habe doch nur Dinge mitgenommen, die ich brauche, wenn auch erst am letzten Tag.
Mit Freude gelesen 🙂 In den nächsten Tagen sind wir dran 🙂
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Dann wünsche euch viel Spaß und passt auf wegen Zecken. Viel gutes Wetter und viele tolle Erlebnisse sollt ihr haben!
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