11.07.2018
Wanderung zum Glymur, Stopp bei Þhingvellir und die erste Hochlandpiste
Oder: Von kleinen und großen Wasserfällen
Fossárrétt
Unser zweiter Tag war mit einer großen Wanderung und viel Fahrerei gut ausgefüllt. Wir starteten zeitig mit unserem Mietwagen vom Hotel in Reykjavík Richtung Nordosten, um zunächst zur Ringstraße zu kommen.
Wir hielten gleich beim ersten besten Wasserfall, den wir auf dem Weg sahen an und machten Fotos. Eigentlich war es eher ein „Wasserfällchen“. Aber wir waren begeistert.

Dieses Schild machte uns auf die nächste Sehenswürdigkeit aufmerksam:

Fossárrétt steht für „Pferch beim Wasserfall“. Hier gab es mal eine Siedlung. Im Boden sah man Mauerreste. Der Wasserfall selbst heißt Sjávarfoss. Er ist gerade mal 6 Meter hoch. Das Wasser fällt über zwei Stufen. Wir waren trotz Nieselregens fasziniert. Die „Besteigung“ des Sjávarfoss war eine ziemlich glitschige Angelegenheit, aber kein Vergleich zu dem, was uns beim Glymur blühen sollte. Trotz Regen hatten wir unseren Spaß. Der machte uns an diesem Morgen (noch) nicht viel aus.
Noch waren wir leicht zu beeindrucken. Doch unser eigentliches Zwischenziel war Glymur, der zweithöchste Wasserfall Islands. Der sollte etwas mehr zu bieten haben.
Wanderung zum Glymur
Die Wanderung zum Glymur gilt laut Wanderführer als Tour für sportlich ambitionierte Wanderer. Sie war „rot,“ gehörte also zur schwersten Kategorie. Der „Tosende“ hat eine Fallhöhe von 196 m. Wir mussten sogar noch höher aufsteigen. 400 Hm hoch und wieder runter standen für die nächsten 2:45 Minuten Gehzeit und 6,1 km auf dem Programm. Doch alles kam ganz anders…


Zunächst machten wir Bekanntschaft mit der typischen, isländischen Art, Wanderwege zu markieren: bunte, meist gelbe oder rote Stöckchen. Die Jagd nach diesen Stöckchen würde uns die nächsten 18 Tage begleiten. Auf dem Weg zum Wanderparkplatz begegnete uns eine weitere isländische Besonderheit: die Schotterpiste. Doch man gewöhnt sich an alles – auch an Nieselregen.
Der Reiseführer hatte uns vorgewarnt, dass wir den Fluss Botnsá würden queren müssen. Entsprechende „Warnhinweise“ standen auch auf der Wandertafel.
Doch zunächst begannen wir unseren Weg bis zur Þvotthellir (Waschhöhle) …
Die Watschuhe hatten wir im Gepäck. Wir haben sie auch wirklich sehr gebraucht. In normalen Jahren kann man die erste Fuhrt trocknen Fußes mittels Baumstammbrücke überqueren. Aber nicht im verregnetsten Sommer seit 200 Jahren. Hinter der Þvotthellir hieß es also: „Schuhe aus!“.
Viele andere, die uns entgegen kamen, gingen barfuß durch die eisigen Fluten. Wir mussten eine Weile warten, bis wir dran waren. In der Zwischenzeit schmissen wir uns in die Watschuhe.
Dann begann der lange Aufstieg. Wir hatten diesen vollkommen unterschätzt und blieben daher zunächst in Watschuhen. Ein folgenschwerer Fehler, denn Jule rutschte aus und tat sich im Oberschenkel weh. Doch zum Glück hörte es auf zu nieseln. Der Wind blieb aber kalt.

Irgendwann erreichten wir die verschiedenen Aussichtspunkte. Ein Anblick, der uns den Atem raubte und unsere Kameraspeicherkarten verzweifeln ließ.
Am eigentlichen Aussichtspunkt offenbarte sich uns der Glymur endgültig. Von hier sah man auch, welchen tiefen Einschnitt diese Wassermassen verursacht hat.
Die meisten Wanderer drehen hier um und gehen wieder zurück. Wir wollten aber eine Rundwanderung machen und so mussten wir zurück hinter dem Glymur den Botnsá ein zweites Mal queren. Die in der Beschreibung angegebene Fuhrt war nicht zu erkennen, so dass wir durch einen Sumpf deutlich weiter laufen mussten. Zusammen mit einer Isländerin querten wir schließlich den breiten Fluss. Davon gibt es leider keine Bilder. Wir hatten mit Queren und Schuhwechsel genug zu tun.
Wir machten uns an den Abstieg. Leider gab es auf der anderen Seite keine Stöckchen mehr und wir wichen vom GPS-Track ab. Als wir dann eine Steilhang hinunterstiegen, rutschte Jule zum zweiten Mal aus. Wieder der Oberschenkel. Ab jetzt hatte es sich mit Zeitplan und Bildern. Jetzt ging es nur noch um 2 Punkte.
1. Wir müssen weiter, weil wir sonst auskühlen.
2. Wir müssen irgendwie von diesem Berg runter – egal wie lange es dauert.
Auf dem GPS war ein weiterer Pfad eingezeichnet, der ziemlich gut aussah. Den eigentlichen Abstieg hatten wir verpasst. Leider führte der Weg uns in eine Steilwand hinab. Ich selbst hatte keine körperlichen Einschränkungen und fand es selbst mit Stöcken wirklich schwierig. Denn in der Steilwand war kein Pfad erkennbar. Aber Jule konnte den linken Oberschenkel nicht belasten und ich weiß bis heute nicht, wie sie da herunter kommen ist. Aber wir schafften es.
Dann wurde es deutlich einfacher. Durch niedrige Birken kamen wir bald vor der Höhe auf den Hauptweg. Von da an brauchten wir nochmal 20 Minuten zum Auto. Aber nach rund 5 Stunden hatten wir unsere erste Island-Wanderung geschafft. Und: es hatte endlich aufgehört zu nieseln!
Reichte das nicht für einen Tag? Oh nein! Weiter ging es nach Þhingvellir!
Kurzer Stopp in Þhingvellir

Ich kann nur sagen, dass es ein Segen war, dass wir ein fest eingebautes Navi hatten. Denn wenn man sich das Schild ansieht, dann ist ja auch ganz klar, wo’s lang geht. Kein Wunder, dass es vor diesen Straßenschildern kleine Parkbuchten gibt.
Wir erreichten Þingvellir, „die Ebene der Volksversammlung“. Für uns als Freizeitwikinger müsste dies allein deshalb schon ein besonderer Ort sein. Nur waren wir an diesem Tag schon oft genug nass geworden. So wurde unserer Spaziergang eher kurz, den auf dem Weg fing es richtig an zu regnen. Außerdem war der Graben, an dem zwei tektonische Platte auseinander driften, mit Touristen überfüllt, trotz des miesen Wetters.
„Þingvellir ist ein Ort und ein Nationalpark im Südwesten von Island, etwa 40 km östlich der isländischen Hauptstadt Reykjavík am Nordufer des Sees Þingvallavatn. Der Ort Þingvellir hat besondere Bedeutung für die Geschichte Islands. In einer Grabenbruchzone im Grenzbereich zweier tektonischer Platten gelegen, ist das Gebiet auch geologisch von Bedeutung.“ (Quelle: Wikipedia.de) Wer mehr über die geologische Entstehungen sowie die historische Bedeutung wissen will, kann sich gern den ganzen Wikipedia-Artikel durchlesen.


Wir folgten entsprechend der Empfehlung des Visitor-Centers einem Rundweg, der noch einen Abstecher zu einen sehenswerten Wasserfall, den Öxarárfoss zu bieten gehabt hätte. Den Wasserfall haben wir uns nicht mehr angesehen. Erstens hatten wir genug Wasserfälle für einen Tag. Außerdem hatten wir auf unsere Regenhosen verzichtet und waren mittlerweile ziemlich durchweicht. Denn es hatte zwischendurch richtig geregnet. Nicht nur dieser ständige Dauernieselregen. Eigentlich wollten wir hier bei Þingvellir unser Zelt aufschlagen. Aber wir entschieden uns weiterzufahren. Bei dem Regen wollten wir kein Zelt aufbauen. Eine weise Entscheidung…
Hochlandpiste Kaldidalur F550

Stattdessen verließen wir den Nationalpark Richtung Norden. Die Straße ging in eine Hochlandpiste, die Kaldidalur (F550) über. Diese war unserer erste Hochlanderfahrung mit Schotterpiste. Bald empfing uns die Karkheit, die Islands Hochland ausmacht. Doch zu unserem Glück wurde es auch trocknener. Die Berge verschwanden allerdings hinter den Wolken.
Lange Zeit fuhren wir mit dem Gletscherfluss Geitá parallel. Hielten wir ihn zunächst für ein Schneetälchen, erfuhren wir später, dass es sich um eine Art Eisfluss handelt.
Am Ende des Tages kamen wir in Húsafell an, wo wir zum ersten Mal das Zelt aufbauen mussten. Hier war es trocken, fast noch sonnig. Die erste Nacht hatten wir im Hotel verbracht. Zum Glück hatten wir Zeltaufbauen zuhause einmal geübt. In der kleinen Hütte mit Kochgelegenheit lernten zwei Österreicherinnen kennen, die ihre gesamte Urlaubszeit noch keinen trockenen Tag erlebt hatten. Dieser Abend war der erste! Sie waren auf Snæfellsnes gewesen. Dort waren sie den einen Morgen in einen kleinen Hotpot geflüchtet, irgendwas mit Lüüühsüüh… Für diesen Tipp und einen weiteren zu einem Campingplatz sollten wir später noch sehr, sehr dankbar sein. Ich weiß nicht, wie spät es war, aber es war jedenfalls noch hell als wir in den Schlafsack krochen (im Sommer wird in Island nicht richtig dunkel, die Abenddämmerung ab 0 Uhr geht direkt in die Morgendämmerung ab 3 Uhr über).
Vielleicht denkt ihr jetzt, das kann nicht alles in einen Tag gepasst haben. Doch. Auf Island geht das. Zeit ist dort im Sommer relativ. Bei meinen nächsten Berichten werdet ihr sehen, dass da noch mehr geht.