Wandern auf dem Wildnis-Trail – Etappe 3

20.10.2021

Urlaub allein

Ich weiß gar nicht mehr genau, wie es dazu kam, dass ich mir den Wildnis-Trail im Nationalpark Eifel ausgeguckt hatte. Jedenfalls war ich im Oktober vier Tage allein in der Eifel unterwegs.

Der Wildnis-Trail im Nationalpark Eifel

Der Wildnis-Trail führt in vier Etappen 85 km durch den Nationalpark Eifel von Monschau-Höfen, über Einruhr, Gemünd, Heimbach nach Zerkall. Wanderzeichen ist das Gesicht einer Wildkatze, das man auf den Wegweisern findet. Der höchste Punkt, den Wanderparkplatz Wahlerscheid mit 625 hm NN, wird bereits am ersten Tag erreicht. Weitere Höhepunkte sind die Wüstung Wollseifen, die ehemalige Ordensburg Vogelsang, der Rursee und die Urfttalsperre, die Abtei Mariawald, Heimbach mit seiner Burg Hengebach und der Hetzinger Wald.

Die dritte Etappe

Die dritte Etappe startet am Nationalpark-Tor in Gemünd, das aufgrund des Hochwassers im Moment geschlossen ist. Dort muss ich erstmal noch hinlaufen. Dann geht es an der Urft entlang hoch nach Wolfgarten. Über die Abtei Mariawald gelangt man hinunter nach Heimbach. An der Rur entlang geht es zum Bahnhof, wo sich das nächste Nationalpark-Tor befindet. Ich muss dann noch 1,5 km der vierten Etappe laufen, um zu meinem Hotel in Hasenfeld zu kommen.

Ein schneller Start in den Wandertag

Es ist noch früh. Bereits um 7:45 Uhr sitze ich beim Frühstück. Die Auswahl ist auch in diesem Hotel sehr reichlich. Außerdem kann ich mir kostenlos ein Lunchpaket zusammenstellen. Ich frühstücke zügig, während immer mehr Gäste eintrudeln. Wenn ich die Leute hier so richtig beobachte, sind die alle Streckenwanderer wie ich. Hier ist niemand im Raum, der länger hier ist als eine Nacht. Denn die Gäste schauen sich alle genauso neugierig um wie ich, als ich hereinkam. Ihre Augen fragen: Wo ist mein Platz? (Kannst du dir aussuchen) Wie ist das Buffet aufgebaut? (Links das Müsli, Mitte Brot und Aufschnitt, rechts süßes Zeug) Wo kriege ich was zu trinken her? (Von der netten Bedienung aus der Küche) Wo ist die Butter? (Auf dem Tisch, nicht auf dem Buffet). Zum Schluss kommt noch die Erkenntnis: Ah, hier sind die Brottüten.

Die Urft kam, um zu fressen

Über Tsunamis sagt man:

Das Monster kam um zu fressen und als es ging nahm es seine Opfer mit sich.

Ich weiß zwar nicht, wo ich dieses Zitat gehört habe, aber an diesen Satz werde ich heute noch öfters denken müssen, während ich meine ersten Kilometer der heutigen Etappe absolviere.

Nachdem ich mich fertig gemacht habe, bin ich heute echt früh unterwegs. Es ist erst 8:40 Uhr, als ich als ich den Rest von Etappe 2 beginne. Hinterm Haus geht es direkt wieder zurück auf den Wildnistrail, der führt mich runter ins Dorf nach Gemünd und zum eigentlichen Startpunkt der dritten Etappe am Nationalpark-Tor. Schon vor meinem dortigen Eintreffen, sehe ich wie heftig Gemünd von der Flut heimgesucht wurde. Der Wegweiser im Kurpark ist mit neuen Schildern überklebt. Hier muss ich das erste Mal schlucken.

Das zweite Mal muss ich schlucken, als ich das Touristeninformationszentrum sehe. Es muss komplett unter Wasser gestanden haben, drinnen sieht es nach Chaos und Bauarbeiten aus. Mein Entsetzen wird auch nicht gemindert, dass ich dieses Mal das offizielle Etappensymbol des Wildnistrails entdecke. Denn dazu sehe noch zu viele Absperrbänder und Schäden entlang der Urft, auch wenn die Menschen von Gemünd bereits großartiges geleistet und kräftig aufgeräumt haben.

Die Brücke über die Urft ist dennoch stark beschädigt. Sie ist jedoch mit Bändern gesichert. Von der Brücke aus kann man gut sehen, welche Kraft das Wasser gehabt haben muss.

Weiter geht es auf dem Eifelsteig in den Wald über der Urft. Parallel unter mir sehe ich einen Parkplatz für Wohnmobile, wo tatsächlich auch ein paar vereinzelte Wohnmobile parken. An der Jugendherberge vorbei geht es wieder hinunter in ein Wohngebiet. Bereits oberhalb der Häuser merke ich, dass ich jetzt direkt in ein Überflutungsgebiet komme.

Selbst jetzt, ein paar Wochen nach meinem Weg an den Häusern entlang, schnürt es mir die Kehle zu. Dies sind meine Gedanken, die ich ungefiltert ins meine Handy diktiert habe, während ich die Straße entlang gelaufen bin:

Ich laufe mitten durchs Überflutungsgebiet. Es ist unglaublich. Das Waser muss höher gestanden haben als ich groß bin. Dabei ist schon unglaublich viel aufgeräumt. Ich sehe Schäden an den Häusern, Vorgärten, Garagen. Eine ist komplett eingedrückt. Ich gehe hier durch dieses Gebiet und habe einen fetten Kloß im Hals. Es ist unvorstellbar, was für eine Zerstörungswut das Wasser gehabt haben muss. Hier ist so viel kaputt. Bei vielen Häusern kann man die Flutmarken noch unter den Fenstersimsen des Erdgeschosses sehen. Fast überall stehen Fahrzeuge von Öl- oder Gastankleuten oder Heizungsbauer vor den Türen. In meisten Vorgärten steht ein Dixi-Klo. Vielleicht ist die Wasserversorgung noch nicht wieder hergestellt. Aus dem Auto eines Handwerkers, das vor dem letzten Haus in der Reihe steht, höre ich ein Lied: „EveryTime I cry“ von Ava Max. Die Textzeile lautet: „Every time I cry, I get a little bit stronger“. Ich muss schlucken, jetzt laufen mir tatsächlich die Tränen.

Ich überquere die Straße, wechsle auf den geterrten Uferpfad und lasse Ava Max Stimme hinter mir. Aber das Grauen der Flut bleibt an diesem Morgen mein treuer Begleiter, denn mein Weg führt mich noch ein geraume Weile an der Urft entlang. An meiner rechten Seite befindet sich ein Gitter, dass Steinschlag verhindern soll. Es ist voller Gras und Unrat. So hoch muss das Wasser gestanden haben. Das Gras reicht bis an meine Schultern.

Die Urft hat hier ganze Arbeit geleistet. Ich kann sehen, mit wie viel Gewalt das Wasser hier durchgerauscht ist. Ganze Bäume hat es mit sich gerissen, aber auch Mülltonnen und Kühlschränke.

Der Wildnis-Trail selbst ist in diesem Abschnitt nicht sonderlich spektakulär. Mein Multi-Geocache sorgt da für ein wenig Abwechslung, der hier beginnt. Das erste Bild kann ich problemlos zuordnen. Ansonsten geht die schier endlose Teerstraße nun in ein geschottertes Stück über. Bisher bin ich allein unterwegs, doch nun sehe ich den ersten anderen Menschen. Ein kleiner Kettenbagger wird gerade von einem Waldarbeiter bestiegen, als ich vorbeikomme. Das Gefährt setzt sich sehr gemütlich in Bewegung. Der Weg ist so schmal wie der Bagger breit ist. Da ich davon ausgehe, dass das Ding schneller fährt als ich gehe, bleibe ich kurz stehen und lasse den Bagger durch.

Doch Pustekuchen! Wir zwei haben ungefähr die gleiche Geschwindigkeit. Also laufe ich direkt mit der Nase am Abgasrohr hinter dem Bagger her. Ich kann ihn nicht überholen. Von hinten rollt bereits das nächste Unheil heran. Ich höre einen Traktor mit großem Anhänger. Der kennt allerdings keine Gnade und drängelt mich vom Weg weg in die Büsche und in den Matsch. Viel nützt das dem Traktorfahrer nichts. Denn nun klemmt er hinter dem Bagger fest. Ich laufe hinterdrein. Immerhin bin ich nun vom Abgasdampf abgeschirmt. Etwa einen Kilometer bilden wir ein tolles Dreiergespann, ich komme mir vor wie eine Fußgruppe in einem Karnevalszug.

Zum Glück zeigt mir mein Track, dass ich bald rechts in den Wald abbiegen werde. Ich hoffe, dass es sich um einen schwer passierbaren Trampelpfad handelt, auf dem mir meine beiden Gefährten nicht folgen können. An der Abzweigung werfe ich einen letzten Blick auf die Urft und ihr neues Flussbett, dann verschwinde ich tatsächlich auf einem schmalen Pfad in den Wald. Ich höre nur noch das Motorentuckern der beiden Kollegen. Dann wird es still.

Über Wolfgarten zur Abtei Mariawald

Nachdem ich die ersten 6 km also auf flacher Strecke hinter mich gebracht habe, geht es nun durch Bachtal des Großen Böttenbachs bergauf Richtung Wolfsgarten. Es ist der erste und eigentlich auch einzig richtige lange Anstieg für dieser Etappe. Der Weg schlängelt sich friedlich unter einem bunten Blätterdach bergauf. Ich sehe die Runie eines alten Steingebäudes. Könnte eine Mühle gewesen sein, denn der große Böttenbach zeigt Spuren von menschlichen Eingreifens. Allerdings muss das schon das lange her sein.

Für 9 Uhr war Regen angekündigt, doch bisher spüre ich nichts davon. Wenn es regnet, dann sind es Schauer von bunten Herbstblättern. Ab und zu blitzt sogar ein Sonnenstrahl durch die Bäume. Nach einem langen Aufstieg sehe ich ein Tor. Dahinter scheint tatsächlich die Sonne. Es ist, als würde ich durch das Tor ins Scheinwerferlicht einer Bühne treten. Doch es ist der Durchgang nach Wolfgarten, einem kleinen, verschlafenen Dorf hier oben in der Eifel.

An Dorfplatz angekommen, werfe ich einen Blick auf meine GPS. Noch 15 km bis zu meinem Ziel bzw. zum Nationalpark-Tor in Heimbach. 8-9 km habe ich bereits geschafft. Es ist gerade mal 10:49 Uhr. Da war ich bisher recht flott unterwegs. Ich habe weder Hunger noch Durst, also kann ich auch direkt weiter laufen.

Mitten im Ort treffe ich auch ein weiteres Tor, dass die schöne Bezeichnung „Hauptwanderweg“ trägt. Prompt führt mich der Wildnis-Trail nicht hindurch, sondern dran vorbei weiter durch die Straßen von Wolfgarten. Mein nächstes Ziel ist die Abtei Marienwald, die sich in ca. 7 km Entfernung befindet. Da könnte ich doch wunderbar eine Pause machen.

Nachdem ich die Landstraße überquert habe, geht es zurück in den Wald. Über eine breite Forststraße sanft bergab, wie ich eben aufgestiegen bin. Leider bietet der Wildnis-Trail in diesem Abschnitt gerade keine Wildnis. Ich bin auf einer – wie ich sie gern nenne – Deisterautobahn im Buchenwald unterwegs. Ich meine damit, eine breite, geschotterte Forststraße. Hier geht’s hauptsächlich bergab, mal ein bisschen bergauf, aber sonst bietet der Weg keine Abwechslung. Nicht mal ein Schlagloch. Da kann man den Kopf richtig frei laufen lassen. Ab und zu muss ich mal auf mein GPS gucken, damit ich keinen Wegpunkt von meinem Geocache verpasse.

Ein Rätsel begegnet mir jedoch am Wegesrand. Auf dem nächsten Wegweiser, den ich sehe, steht „Abtei Mariawald 5 km“ sowie „Heimbach 6 km“. Moment eben waren es noch 15 km bis zu meinem Zielort. Laut demselben Wegweiser habe ich 2 km seit Wolfgarten zurückgelegt. 2+6=15? Nein, das stimmt nicht. Dieser Wegweiser verwirrt mich jetzt doch ein wenig.

Doch egal, wie weit es noch ist, für mich geht es erstmal weiter durch einen Weg, der scheinbar mit Weihnachtsbäumen für 2023 gesäumt ist. Sind wohl die Nachkommen der Fichten zu meiner Linken. Auf der rechten Seite wurden bereits alle Nadelbäume entfernt und hier kommen auf einer Sukzessionsfläche junge Birken und weitere Laubbäume hoch. Vielleicht doch ein bisschen Wildnis?

Kurz vor der Abtei treffe ich auf zwei weitere Entfernungsangaben: „Abtei Mariawald 1,2 km, Heimbach 5,1 km“ und weniger 100 m weiter steht „Abtei Mariawald 0,9 km, Heimbach 3,4 km“. Kopfrechnen ist zwar nicht gerade meine Stärke. Aber hier ist irgendwas komisch…

Die km-Angabe in Bezug auf die Abtei schient wenigstens zu stimmen. 10 min kommt die Abtei-Kirche und eine perfekt platzierte Bank in Sicht.

Hier gönne ich mir erst mal eine Pause. Ich habe gerade meine Schuhe ausgezogen, um wie immer Steine auszuleeren, da fallen die ersten Tropfen. Das kann jetzt nicht wahr sein! Den ganzen Morgen sollte es regnen, aber es kam nichts. Jetzt habe ich erstens ich keine Schuhe mehr an, zweitens ist im Rucksack sperrangelweit offen und drittens will ich mir gerade mein Brötchen in den Mund stecken. Ich hoffe, das sind nur ein paar Tropfen. Ja, tatsächlich hat Gott Mitleid mit mir und es bleibt bei ein paar Warnschüssen, so dass ich auf meiner Bank sitzen bleiben kann. Nach einem sehr gemütlichen Mittagessen, mache ich noch ein paar Fotos und nutze die Gelegenheit hier auf die Toilette zu gehen. Weiter geht nach Heimbach, weit das auch immer noch sein mag!

Ab nach Heimbach

Nachdem mein Weg fortgesetzt habe, finde ich einen neuen Wegweiser: „Heimbach 8,4 km“. Das deckt sich mit einem GPS. Diese Angabe scheint jetzt wohl zu stimmen.

Ich hoffe ab jetzt auf eine bisschen abwechslungsreichere Strecke. Denn hinter dem Parkplatz geht es auf ein Trampelpfad hoch, doch der ist jedoch nur wenige Meter lang und mündet auf einem Feldweg, welcher hoch zu einem Denkmal und einem Soldatenfriedhof führt. Von hier hat man einen tollen Blick zurück auf die Abtei, aber es ziehen bereits dunkle Wolken auf.

Ich habe den Friedhof gerade hinter mir gelassen und versuche mich zu orientieren, welchen Weg ich nehmen soll. Laut meinen Unterlagen, soll es hier eine weiträumige Umleitung geben. Aber es gibt keine Hinweisschilder, weshalb ich doch einfach der Wildkatze folgen will. In diesem Moment nimmt der Regen einen neuen Anlauf. Flux laufe ich zurück zur Mauer, stelle dort meine Sachen ab und packe mich regenfest ein. Als ich gerade wieder aufsattle, geht es richtig los. Auch wenn es nur ein kleiner Schauer sein sollte, bin ich vorbereitet. Außerdem habe ich dieses Mal Schuhe an.

Meine Hoffnung nach abwechslungsreicher Strecke zerschlägt sich leider mit jedem Schritt und jedem Regentropfen. Der Wildnis-Trail windet sich jetzt für viele Kilometer durch den Wald, immer an der Bergflanke entlang. Man läuft ein bisschen an einem Taleinschnitt entlang zum Berg hin und dann wieder auf der anderen Talseite vom Berg weg. Rein und raus, rein und raus. Der Weg geht fast kontinuierlich ein wenig, eher unmerklich bergab, manchmal geht’s ein bisschen bergauf, mal geht’s ein bisschen deutlicher bergab. Aber größere Steigungen sind eigentlich nicht zu bewältigen. Ich verliere völlig den Überblick über Raum und Zeit, da der Weg völlig eintönig ist. Die großen Schotterbrocken, mit denen der Weg belegt ist, quälen meine Fußsohlen. Ich hangel mich im Regen daher von Cache-Station zu Cache-Station, meine persönlichen Zwischenziele auf der Karte.

Leider habe ich bereits Station F, also die 6. Station, nicht gefunden. Das wäre noch kein Problem, eine Zahl kann man notfalls immer noch erraten. Außerdem ist genau diese für die Koordinatenbestimmung nicht so entscheidend. Aber auch die nächste Station scheint im Laufe der Jahre verschwunden zu sein. Zwar hat es aufgehört zu regnen und mir kommen sogar noch zwei Geocacher zu Hilfe, aber wir können dieser Stelle im Wald kein Bild zuordnen. Wir bergen daher eine andere Dose am Wegesrand, dann setzten wir unseren Weg gemeinsam fort.

Die beiden laufen auch den Wildnis-Trail, allerdings als Standortwanderung. Die zwei haben eine Ferienwohnung in Heimbach. Sie laufen auch nicht in der richtigen Reihenfolge, sondern steigern sich von kurzen zu langen Etappen. Angefangen haben sie mit Etappe 4, morgen ist dann die 1. Etappe dran. Wir stellen fest, dass wir gar nicht so weit auseinander wohnen. Das Paar ist aus Mettmann. Natürlich kommen wir relativ schnell auf die Flutschäden zu sprechen. Die beiden haben selbst Wasser im Keller. Seit zwei Wochen laufen die Trocknungsgeräte, von denen ich selbst ja auch ein Liedchen singen kann (wer’s genau wissen möchte, kann das hier nachlesen). Sie sind sehr froh, dass sie mal eine Woche von dem Lärm flüchten können.

Nur kurze Zeit später erreichen wir die letzte Station meines Wander-Multis. Die ist zum Glück eindeutig zu erkennen. Da mir aber insgesamt drei Zahlen fehlen, verabschiede ich mich von meinen flüchtigen Bekannten wieder und versuche mit Hilfe von Probieren herauszufinden, wo das Final dieses Geocache versteckt sein könnte. Nach 20 Minuten Zahlenspielerei gebe ich allerdings auf. Ich habe zwar eine grobe Ahnung, aber es kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht und ich habe echt keine Lust diese abzusuchen. Und vielleicht bin ich auch völlig falsch. Selbst wenn ich wieder ein Tipp bekommen sollte, zurücklaufen werde ich heute auf keinen Fall. Mein Hotel liegt bereits in der vierten Etappe. Vermutlich müsste ich mehr als 4 km zurücklaufen. So wichtig ist mir das Ganze dann doch nicht.

Also mache ich mich auch wieder auf den Weg. Bis Heimbach ist es jetzt nicht mehr weit. An einer Wandertafel geht es in einer Spitzkehre weiter über einen Schotterweg, der mich noch einmal in eine Schlucht rein und wieder heraus bringt.

An der nächsten Wandertafel weicht mal wieder das Wildkatzensymbol von meinem GPS Track ab. Aber dieses Mal kann ich mir das ziemlich gut erklären. In Heimbach hinterm Kurpark hat es einen Erdrutsch gegeben und das wird die entsprechende Umleitung sein. Es wundert mich nur, dass es keine expliziten Umleitungsschilder gibt, sondern das Katzensymbol auch auf der Wanderkarte einem anderen Pfad folgt. Auf meiner Wanderkarte aus Papier deckt sich die Beschriftung mit meinem Track. Aber die Wanderkarte hier vor Ort wird wohl stimmen. Entsprechend ignoriere ich meinen Track. Außerdem kommt eine Frau mit Hund mit dazu. Ich meine, ich hätte sie gestern abend und heute morgen im Hotel gesehen. Sie folgt mir kurze Zeit später in die nächste Kehre (rein – raus). Statt um einen Forstweg handelt es sich dieses Mal tatsächlich um einen schönen Trampelpfad. Ich bin froh, dass man den Track geändert hat. Unten an der Rur entlang wäre es eine Teerstraße gewesen. Ganz von Schäden ist dieser Weg jedoch nicht verschont geblieben. In der Spitzkehre hat es einen Hangabrutsch gegeben. Der ist jedoch passierbar.

Der Weg ist zwar sehr schön, allerdings möchte ich gerne in den Kurpark vom Heimbach laufen. Denn dort haben wir vor nicht allzu langer Zeit auf einer Art Mittelaltermarkt gelagert. Wir waren dort zum ersten Mal auf dieser Veranstaltung und ich möchte unseren Standplatz noch einmal einen Besuch abstatten. Allerdings befindet sich der Weg auf dem ich jetzt bin mehrere Meter über dem Niveau des gesperrten Fußwegs am Fluss entlang.

Ich bemerke jedoch eine Art Mini-Wanderstiege auf der linken Seite, die hinunter zum Fluss führt. Ich wage es, diesen steilen Pfad zu nehmen. Zum Glück habe ich Stücke dabei. Ansonsten hätte ich mich von Baum zu Baum hangeln müssen. Unten am Weg läuft ein Herr mit zwei großen Schildern unter dem Arm. Diese identifiziere ich von weitem als Umleitungsschilder des Wildnis-Trails. Scheint als hätte dieser Wegwart gerade den Track geändert. Zum Glück weiß ich, dass der Erdrutsch am Kurpark gut passierbar ist. Von daher habe ich keinerlei Sorgen, dass ich nicht durchkomme. Ich laufe nun an der Ruhr entlang. Das erste Hindernis ist ein abgestürzten Baum, der allerdings bereits durchgesägt wurde. So kann man ohne Probleme durchgehen. Dann kommen die zwei Erdrutsche in Sicht. Hier haben sich bereits Trampelpfade gebildet. So kommt man problemlos über die Hindernisse. Allerdings könnte jederzeit was vom Hang nachrutschen. Ungefährlich ist dieser Weg daher doch nicht. Ich werde aber zu Glück nicht von abrutschenden Geröll erschlagen, sondern stehe gleich an der Stelle, wo noch vor wenigen Wochen die Dixi-Klos für die Veranstaltung aufgebaut waren. Nur wenige Meter weiter kann ich unseren Standplatz ungefähr identifizieren. Außerdem habe ich jetzt einen unverstellten Blick auf die Burg Hengebach, die über Heimbach trohnt. Leider habe ich das Bild verwackelt.

Es gibt noch einen Grund, warum ich unbedingt hier entlang laufen wollte. Hier am Kurpark gibt es ein öffentliches, sehr sauberes Toilettenhäuschen, dass ich gern nutze. Nach etwa einem Kilometer Weg über die breite „Rur-Promenade“ Heimbachs bei leider wieder einsetzendem Regen ist die Etappe 3 des Wildnis-Trails für heute offiziell zu Ende. Ich stehe vorm Nationalpark-Tor in Heimbach.

Ein Abend in Hasenfeld

Allerdings ist mein Weg für heute noch nicht zu Ende, denn ich muss noch zu meinem Hotel. Das befindet sich in Hasenfeld, etwa 1,5 bis 2 km entfernt. Zum Glück folge ich dem Wildnis-Trail erstmal weiter und beginne also schonmal mit Etappe 4. Hier geht es über die Rur, dann am Schwimmbad und am Sportplatz vorbei. Doch dann zeigt der Wildnis-Trail doch noch mal, was Wildnis ist. Auf einem schmalen Trampelpfad geht es in eine kleine Schlucht mit einer lauschigen Brücke steil bergauf. Hier startet der letzte Wander-Multi, der mich morgen durch den Tag begleiten wird.

Nach kurzer Zeit treffe ich auf einen Brunnen, der jedoch nicht in Betrieb zu sein scheint. Das ist meine Markierung, dass ich den Wildnis-Trail für heute verlassen muss. Der führt hier nach rechts, ich muss aber nach links, wenn ich heute in meinem Hotel übernachten möchte. Mein Weg geht durch Weiden und bald sehe ich die ersten Häuser von Hasenfeld. Jetzt muss ich nur noch die Hauptstraße hinunter und auf der gegenüberliegenden Seite kommt schon meine Unterkunft in Sicht. Von der anderen Seite der Hauptstraße nähert sich die Frau mit dem Hund. Wir treffen etwa gleichzeitig ein.

Nach knapp 8 Stunden und 26,4 km habe ich mein Ziel für heute erreicht. Bevor ich auf mein Zimmer gehe, lasse ich mir heißes Wasser geben. Zu einem Restaurant wäre ich nochmals ein ganzes Stück zu laufen gewesen, aber ich habe noch ein Trekking-Trockengericht vom Schluchtensteig übrig, das ich in weiser Voraussicht für genau diesen Abend mitgenommen habe. Während ich mich in dem niedlichen Zimmer einrichte und mich aus Schuhen und Regenklamotten pelle, kann mein Essen schon mal ziehen. Leider gibt es keinen Stuhl, so dass ich die Tüte im Schneidersitz auf dem Bett verzehre.

Heute abend bin ich ganz schön kaputt. Dabei war der Weg heute gar nicht so weit und gar nicht so steil. Trotzdem bleibe ich nach dem Essen einfach sitzen, lese und daddel ein bisschen auf dem Handy herum. Als ich dann auf die Toilette muss, sind meine Muskeln steif wie ein Brett und ich kann mich kaum noch bewegen.

Schweren Herzens entscheide ich mich, eine halbe Stunde Dehnübungen und Yoga auf dem Bettvorleger zu machen. Im Zimmer ist zum Glück genug Platz. Und tatsächlich kann ich mich hinterher auch schon fast wieder normal und schmerzfrei bewegen. Nachdem ich im Zimmer ein bisschen bei meinen Sachen aufgeräumt habe (Was brauche ich morgen noch? Was kann schon weg?), gönne mir als Nachtisch noch ein paar Aprikosen und denke beim Kauen über diesen Wandertag nach.

Nachdem die zweite Etappe mit zwei Highlights wie der Wüstung Wollseifen und Vogelsang ip und abwechslungsreicher Landschaft aufwarten konnte, gab es heute zwar die Abtei Mariawald, aber sonst war der Weg eher langweilig. Für mich der schönste Wegabschnitt war der Weg hoch Richtung Wolfgarten. Wildnis habe ich mir persönlich aber etwas anders vorgestellt.

Ausblick auf morgen

Jetzt hoffe ich, dass die vierte Etappe morgen noch einmal alles gibt. Natürlich gibt es auf jedem Weg immer Abschnitt, die nicht so toll sind. Da muss man auf jedem Fernwanderweg durch. Heute war wohl so ein Abschnitt. Morgen wird die Etappe eh kurz. Komplett ist die etwas mehr als 17 km lang und ich habe ja schon was „abgearbeitet“. Da ich diese Wanderpauschale gebucht habe, laufe ich etwas unter Zeitdruck. Um zurück zum Auto zu kommen, nehme ich morgen ein Wandertaxi. Dazu muss ich aber mit dem Zug von Zerkall zurück nach Heimbach fahren. Um den Zug zu bekommen und genug Puffer zu haben, möchte ich um 9 Uhr abmarschbereit sein. Dann habe ich fast 6 Stunden, um um 14:51 Uhr den Zug zu kriegen. Die sollte ich wohl nicht brauchen. Wenn ich einen Zug früher schaffe, habe ich in Heimbach ein sehr nettes Café entdeckt, wo ich sicher gut und lecker eine Stunde überbrücken kann, was tatsächlich auch mein Ziel ist.

Das Wetter soll leider nicht so prickelnd werden. Für die ersten Wanderstunde(n) ist Regen und Wind angekündigt. Aber ich habe ja alles dabei. Ein paar Tropfen und ein paar Windböen werden mich nicht aufhalten.

Zusammenfassung

  • Gelaufen am: Mittwoch, 20.10.2021
  • Länge laut GPS: 26,4 km (mit Umwegen)
  • Geschätzte Höhenmeter: 1.734 Hm (Aufstieg 781 Hm, Abstieg 953 Hm)
  • reine Gehzeit: 6:27 h
  • gesamte Dauer: 7:49 h
  • Charakteristik: Viele Forststraßen auf Schotter auf dieser Etappe. Nur wenige Trampelpfade. Aufstieg nach Wolfgarten anstregend, aber schön. Sonst keine großen Anstiege, aber durch die Länge eine zähe Etappe.

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