07.03.2022
Die ersten zwei Wochen des März waren Jule und ich auf den Seychellen. Wenn man „Reiseziel Seychellen“ hört, denkt wohl eher an weiße Sandstrände, Palmen, blaues Meer und Luxushotels. Als Aktivität würde einem sicher Schnorcheln und Tauchen einfallen. Aber Wandern? So ungefähr formulierte es mein Reiseführer: „Die Seychellen nicht gerade als Wanderdestination bekannt, aber man wäre dumm, es nicht zu tun.“

Tatsächlich gibt es ausgewiesene Wanderstrecken. Diese findet man alle in einem kleinen englischsprachigen Wanderführer, den man sich frei herunterladen kann. Auf Mahé, der Hauptinsel und unserem Standort, gibt es neun ausgewiesene Wanderrouten. Andere Strecken werden nicht von offiziellen Stellen gepflegt und werden mit ortskundigem Führer empfohlen.
Allein fünf der neun Wanderungen starten an der Sans Soucis Road, die von Hauptstadt Victoria nach Port Glaud über einen Bergrücken führt. Sie ist durchgehend geterrt und zweispurig, trotzdem bietet dank ihrer steilen Serpentinen einigen Fahrspaß.
Unsere erste Wanderung startet allerdings nicht an der Sans Soucis Road, sondern im Süden der Insel an der Montagne Posée Road, kurz hinter Bon Espoir. Heute ist der Trail „Glacis La Reserve“ dran, der in die Nähe des Gipfel des Montagne Brulée führt.

Vorher müssen wir aber noch eine andere Herausforderung meistern. Auf den Seychellen herrscht Linksverkehr und Jule muss ein paar Runden auf dem Hotelparkplatz mit unseren winzigen Mietwagen drehen. Nachdem sie den Wagen und den Linksverkehr im Griff hat, fahren wir los. Zum Glück sind wir ein paar Tage vorher bereits mit dem Bus nach Victoria gefahren, so dass wir uns die Straßen schon angucken konnten. Das hilft, um sich an den seychellischen Verkehr zu gewöhnen.
Nachdem wir ein Stück der Küstenstraße Richtung Norden gefolgt sind, biegen wir links ab und schon geht es steil den Berg hoch. Der Startpunkt der Wanderung liegt etwa auf dem Scheitelpunkt der Straße. Man soll bei einem Schild der Telefongesellschaft „Cable & Wireless“ parken. Das sieht man allerdings nur, wenn man die Straße von Osten her hochfährt. Wir kommen jedoch von Westen, so dass wir dran vorbeifahren. Sollte uns nicht das letzte Mal passieren, dass wir eine Abzweigung verpassen. Auf der engen Serpentinenstraße ist Wenden fast unmöglich, ich befürchte schon, dass wir bald wieder am Meer rauskommen. Doch nach einem Kilometer können wir drehen und schaffen es endlich zum Startpunkt zu kommen. Einen richtigen Wanderparkplatz gibt es nicht. Später stellen wir fest, dass viele Autos einfach an der Straße geparkt werden. Doch hier finden wir eine passable Möglichkeit. Zum Glück haben wir nur einen Kleinwagen gemietet.

Die Wandertafel stimmt uns auf diese kurze Wanderung ein. Bei den meisten Wanderungen handelt es sich um solche, die zu einem Aussichtspunkt führen. Man geht denselben Weg zurück, den man gekommen ist. Oft sind die Wege nur 1-3 km lang. Für erfahrene Wanderer wie uns also ein Klacks. Da schaffen wir wohl zwei oder mehr Wanderungen am Tag – dachte ich. Nicht berücksichtigt hatte ich die Steigung, die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit.

Diese erste Wanderung gilt als „very easy“, hat insgeamt „nur“ 134 Hm und ist hin und zurück knapp 2 km lang. Mit Fotografieren und viel Zeit zum Gucken kalkuliere ich 1 h ein. Wir brauchen tatsächlich nur 44 min. Da wir zügig unterwegs waren, bin ich auch für die kommenden Wanderungen sehr hoffnungsvoll, dass wir „unser“ Tempo auch morgen so beibehalten.
Das Schild weißt uns den Weg in den Dschungel hinein.


Wirklich verlaufen kann man sich auf den Pfaden nicht. Es gibt keine Abzweigungen und manchmal sind die Felsen oder Bäume mit gelben Balken markiert. Auch wenn wir gleich zu Beginn über eine paar spektakuläre Wurzeln steigen müssen, ist der Weg doch mehr als ein schmaler Trampelpfad. An vielen Stellen kann man sogar neben einander gehen. Allerdings verstehen wir, warum man nicht während oder nach einem Regentag wandern soll. Die Erde wird sicher sehr rutschig werden. Links und rechts des Weges sehen wir üppige Vegetation, hören viele Vogelstimmen und sehen sogar einen Bülbül, allerdings so kurz, dass wir ihn nicht fotografieren können. Über kurze Strecken geht es durch offenes Gelände, die Sonne sticht und brennt. Wir geraten ordentlich ins Schwitzen. Aber nach nur 15 min gelangen wir auf ein Felsplateau.

Die Aussichtsplatform hat leider ihre Geländer verloren und wir werden eindringlich vor dem Betreten gewarnt. Ich gehe auf den Balken entlang und schieße nur schnell ein paar Bilder. Vom Felsplateau kann man einen Blick bis hinter zur Westküste werfen. Neben einem ragt der Gipfel des Montagne Brulée auf.







Tatsächlich ist hier oben ein Geocache versteckt, den ich nach einem Gekrabbel unter Sträuchern zwischen Steinen finde. Allerdings ist der völlig durchweicht und das Logbuch nur noch ein Papierbrei.
Nach diesem ersten Eindruck von Mahés Bergwelt steigen wir wieder gemütlich ab zu unserem Auto, dass mittlerweile auch nicht mehr allein hier steht.


Zufrieden begeben wir uns zur weiteren Erkundung der West- und Nordküste Mahés ins Auto. Am Nachmittag steht unsere zweite Wanderung an.