08.03.2022
Die ersten zwei Wochen des März waren Jule und ich auf den Seychellen. Wenn man „Reiseziel Seychellen“ hört, denkt wohl eher an weiße Sandstrände, Palmen, blaues Meer und Luxushotels. Als Aktivität würde einem sicher Schnorcheln und Tauchen einfallen. Aber Wandern? So ungefähr formulierte es mein Reiseführer: „Die Seychellen nicht gerade als Wanderdestination bekannt, aber man wäre dumm, es nicht zu tun.“

Tatsächlich gibt es ausgewiesene Wanderstrecken. Diese findet man alle in einem kleinen englischsprachigen Wanderführer, den man sich frei herunterladen kann. Auf Mahé, der Hauptinsel und unserem Standort, gibt es neun ausgewiesene Wanderrouten. Andere Strecken werden nicht von offiziellen Stellen gepflegt und werden mit ortskundigem Führer empfohlen.
Allein fünf der neun Wanderungen starten an der Sans Soucis Road, die von Hauptstadt Victoria nach Port Glaud über einen Bergrücken führt. Sie ist durchgehend geterrt und zweispurig, trotzdem bietet dank ihrer steilen Serpentinen einigen Fahrspaß.

Diesen Fahrspaß genießt Jule heute bereits zum zweiten Mal. Nachdem wir gestern Abend noch auf der Rückfahrt von Anse Major uns die Einstiegspunkte an der Sans Soucis Road angeschaut haben, geht es heute bei trüben Wetter wieder los. Es ist regnerisch und tröpfelt leicht. Trotzdem liegen die Temperaturen bei knapp 30°C. Als wir daher unser Auto am Einstiegspunkt am Straßenrand geparkt haben, (natürlich brauchen wir auch heute wieder mehrere Anläufe, da wir wieder am „Wanderparkplatz“ vorbeigerauscht sind) kleben wir bereits, da haben wir noch nicht mal die Rucksäcke aufgesetzt. An der Wandertafel verschaffen wir uns einen kurzen Überblick. Der Aufstieg beträgt laut Tafel 630 Höhenmeter. Im Wanderführer steht aber 447 Höhenmeter für Auf- und Abstieg. Ich weiß nicht, was stimmt. Aber egal, sicher ist: Der Aufstieg zum Morne Blanc ist nicht lang, aber es wird wohl gleich ziemlich steil werden.

Der Beginn des Trails wird auch direkt Stufen markiert. Die Stufen reichen Jule bis zum Knie. Das ist nicht gerade Normhöhe.



Wir schwitzen und steigen Stück für Stück die angeschlagenen 800 m den Berg hoch. Alle 200m gibt es ein Schild, dass uns die verbleibenden Meter zum Gipfel anzeigt. Ich bin sehr froh über meine Stöcke. Ich ramme sie in den Boden und schiebe mich mit den Armen hoch. Über Steine, Wurzeln, Stufen und kleine Brücken…




Ich habe diese Seychellen und die Wanderungen hier deutlich unterschätzt. 1 km? Das ist für mich normalerweise keine Wanderung, sondern ein Spaziergang ins Dorf. Aber hier sind nicht nur Höhenmeter ohne Ende zu absolvieren, es sind auch 28°C bei 100% Luftfeuchte. Denn der Nieselregen begleitet uns zum Gipfel. So vergehen etwa 40 min bis es endlich flacher wird und wir den Gipfel und die Aussichtsplatform erreichen.


Die Aussicht wird leider durch tiefhängende Wolken eingetrübt. Trotzdem genießen wir es, hier oben zu sein.


Unser Blick fällt von oben auf die Westküste, wo sich unter den Wolken eine Traumküste abzeichnet. Allerdings entdecken wir auch eine Hotelruine, die wie in Gerippe wirkt. Später erfahren wir, dass das Hotel nie fertiggestellt wurde. Ein tschechisches Pärchen ist ebenfalls hier oben. Sie lassen eine Drohne aufsteigen und helfen uns, den Geocache hier oben zu suchen. Leider bleiben wir vier erfolglos. Also genießen wir noch etwas die Aussicht und den nachlassenden Regen.








Als es endlich aufgehört und Jule ihre Kamera mit Teleobjektiv ausreichend bespielt hat, geht’s auf dem demselben Weg zurück zum Auto. Am Vermessungspunkt halte ich nochmals kurz inne. Mein GPS sagt mir, dass wir auf 681 m über NN sind. Uff!

Runter ist die Sache übrigens auch nicht viel leichter. Auch hier sind unsere Stöcke sehr hilfreich. Gerade durch die Feuchtigkeite ist der Weg an viele Stellen ziemlich glitschig. Allerdings hat es von oben aufgehört zu regnen. Wir konzentieren uns daher völlig auf den Abstieg.

Unten angekommen freuen wir uns sehr über unsere Klimaanlage. Fast 2 h waren wir unterwegs – für 1,6 km! Okay, wir haben oben auch eine Dreiviertel Stunde Pause gemacht, trotzdem hat uns dieser Aufstieg sehr an den zur Ruine Koppenstein auf dem Soonwaldsteig erinnert. Hier unten sind wir bei 433 m über NN angekommen. Also haben wir insgesamt min. 496 Hm zurückgelegt. Der Wanderführer war dichter dran.
Eine echt tolle Tour. Kann man nur empfehlen. Wahnsinnig anstregend, aber ein toller Dschungel, ein gut gepflegter Weg, eine tolle Aussicht vom Gipfel und das Gefühl, das geschafft zu haben.
Es ist erst 13 Uhr, also haben wir noch den halben Tag vor uns. Wir fahren also weiter und besuchen zunächst die Mission Lodge, die ebenfalls hier an der Sans Soucis Road liegt. Hier am Aussichtspunkt zwischen den historischen Ruinen verschnaufen wir, bevor wir die zweite Wanderung in Angriff nehmen: Den Copolia Trail! Aber dazu gibt’s später mehr.
Ein Kommentar zu “Traumziel Seychellen – Wanderung Morne Blanc”