08.03.2022
Die ersten zwei Wochen des März waren Jule und ich auf den Seychellen. Wenn man „Reiseziel Seychellen“ hört, denkt wohl eher an weiße Sandstrände, Palmen, blaues Meer und Luxushotels. Als Aktivität würde einem sicher Schnorcheln und Tauchen einfallen. Aber Wandern? So ungefähr formulierte es mein Reiseführer: „Die Seychellen nicht gerade als Wanderdestination bekannt, aber man wäre dumm, es nicht zu tun.“

Tatsächlich gibt es ausgewiesene Wanderstrecken. Diese findet man alle in einem kleinen englischsprachigen Wanderführer, den man sich frei herunterladen kann. Auf Mahé, der Hauptinsel und unserem Standort, gibt es neun ausgewiesene Wanderrouten. Andere Strecken werden nicht von offiziellen Stellen gepflegt und werden mit ortskundigem Führer empfohlen.
Allein fünf der neun Wanderungen starten an der Sans Soucis Road, die von Hauptstadt Victoria nach Port Glaud über einen Bergrücken führt. Sie ist durchgehend geterrt und zweispurig, trotzdem bietet dank ihrer steilen Serpentinen einigen Fahrspaß.
Pause an der Mission Lodge

Wir haben bereits eine Wanderung in den Knochen. Der Aufstieg zum Morne Blanc hat uns ganz schön ins Schwitzen gebracht. Aber zumindest hat es aufgehört zu regnen und der Tag entwicklet sich prächtig. Nach dieser ersten Anstregungen stoppen wir zunächst bei der Mission Lodge.
Unter dem Namen „Venn’s Town“ wurde 1876 diese Siedlung durch die Church Missionary Society gegründet. Sie sollte dazu dienen, aus der Sklaverei befreiten Kindern einen Platz zum Leben zu bieten. Der Kern der Siedlung war daher die Schule, wo die Kinder unterrichtet wurden. Nach nur 20 Jahren wurde die Schule allerdings geschlossen und die Siedlung verfiel. Erst 100 Jahre später wurden die Ruinen zum nationalen Denkmal erklärt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Moment finden wieder Ausgrabungen und Sicherungsmaßnahmen an den Ruinen statt.

Wir schlendern ein wenig zwischen den Ruinen umher und genießen diese Pause nach unserem Aufstieg zum Morne Blanc. Auch an dieser historischen Stelle soll ein Geocache versteckt sein. Die Suche bleibt allerdings erfolglos. Umso schöner ist dafür allerdings die Aussicht und riesigen Bäume, die hier in diesem Areal wachsen. Auch der Regen hat gänzlich nachgelassen.






Auf zum Copolia Trail

Nach dieser kulturellen Pausen machen wir uns wieder auf den Weg. Eine zweite Wanderung steht noch auf dem Plan: Der Copolia Trail!

Auch der Einstieg zum Copolia Trail liegt an der Sans Soucis Road. Am Einstieg gibt es nicht nur einige wenige befestigte Parkplätze, hier steht auch ein Häuschen, wo man Eintritt zahlen muss. Dafür ist der Weg nicht nur top gepflegt, sondern auch mit Info-Schildern zu Flora und Fauna gespickt.

Am Beginn freue ich mich nicht nur darüber, dass der Regen vom Morgen endlich der Vergangenheit angehört, sondern auch, dass es über Treppen zunächst bergab in den Wald geht. Der Weg scheint gut ausgebaut zu sein, bald begegnen wir den ersten Schildern, die uns Flora und Fauna erklären. Doch ganz so einfach macht es uns der Copolia Trail nicht. Auch er steigt bald steil an und es geht über Wurzelnn und Steine hinauf.

Da ist ein Schild, das Jule entdeckt, eine willkommende Gelegenheit, um eine Pause einzulegen. Auf dem Schild ist ein weißer Vogel abgebildet. Diesen haben wir heute und gestern oft gesehen und uns nach seinem Namen gefragt. Nun wissen wir es: Es ist der White-Tail-Tropic-Bird. Also, wörtlich übersetzt: Weißer-Schwanz-Tropischer-Vogel. Nun ja, englische Namensgebung kann manchmal etwas fantasielos los, wie Jules Foto zeigt.
Es sind wieder etwa 40 Minuten, die wir uns den steilen Weg verbissen durch den Wald kämpfen. Am Ende kommt nochmals eine besondere Herausforderung. Eine Treppe möchte ich das nicht nennen. An einem großen Felsen ist eine Steighilfe angebracht, mit deren Hilf wir uns durch einen Felsspalt zwängen müssen.


Doch dann öffnet sich der Blick und wir haben das Felsplateau erreicht!


Nur noch ein paar Schritte über die blanken Felsen, dann liegt Victoria zu unseren Füßen. Während Jule die Kamera auspackt, erkunde ich das Plateau und „erledige“ einen Geocache, der an einem Steinmännchen versteckt ist. Der Teil mit der Namensgebung setzt sich fort. Der Cache heißt ganz simple „Steinmännchen 2“.
Hier oben lässt es sich aushalten. Wir betrachten eine ganze Weile Victoria von oben und machen ein paar tolle Fotos von ziemlich coolen Villen. Der Friedhof, mit seiner bunten Blumendekoration, sieht von hier oben richtig toll aus.






Ich bedauere nur, dass ich keine Kannenpflanzen gesehen habe. Diese fleischfressenden Pflanzen sind endemisch und sollen hier eigentlich überall wachsne. Tun sie auch. Ich gucke nur nicht richtig hin. Ich habe nach großen hängenden Pflanzen Ausschau gehalten. Aber bei dieser Art handelt es sich um eine, die bodennahe Büsche bildet. Erst als wir gehen und durch ein Schild darauf hingewiesen werden, sehe ich sie auf einmal überall.






Beim Rückweg gilt es nochmals die ganze Konzentration zusammenzunehmen, denn der Abstieg ist nicht gerade leicht und Kopf und Beine sind müde.





Als wir das Auto erreichen, packen die Kassenleute gerade zusammen und wir freuen uns auf die Klimaanlage.
Ein perfekter Ausklang
Da wir heute noch das Auto haben, machen wir einen neuen Anlauf, außerhalb des Hotels zu essen. Nachdem wir im Hotel aus den völlig verschwitzten Sachen raus sind und eine Dusche genossen haben, schmeißen wir uns in Schale und fahren nochmals los. Das Restaurant, das ich ausgewählt habe, ist auf der anderen Seite der Bucht. Theoretisch könnten wir es wohl von unserem Strand aus sehen. Aber mit dem Auto muss man einmal über den Berg fahren. Zum Glück finden wir es schnell in der Dunkelheit. Es ist ziemlich voll, so dass wir nur einen Platz direkt an der Küche ergattern. Wir sind total overdressed, denn es handelt sich eher um eine Strandbar als ein Luxusrestaurant. Das Curry ist aber spitze und von der hausgemachten Limonade kann ich nicht genug bekommen. So klingen zwei wunderbare Seychellen-Wandertage aus. Morgen werden wohl unsere Strandliege kaum verlassen, denn wir müssen uns von dieser Anstregung erstmal erholen. Zwar haben wir noch einen weiteren Ausflug geplant, den kann man allerdings bequem mit dem Bus erledigen.
Ich bin sehr gespannt, was uns die Seychellen noch bieten werden. Das, was wir bisher gesehen haben, macht Lust auf Me(h)r.